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Gramberger
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Ein interessantes altes Begräbnis-Tagebuch
Nach Aufzeichnungen der Lehrer Hoppe, Vater und Sohn, von 1787 bis 1861
Als in den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts für die Evangelischen des Kirchspiels Schledehausen einige Sicherheit
gewährleistet war, beschlossen die Bewohner der Waldmark, an Stelle der kleinen Nebenschule in Grambergen der
günstigen Lage wegen eine Schule in Astrup einzurichten. 1755 stellten die Vollerben Mönkehaus in Astrup und
Averbeck in Hiddinghausen hierzu den Antrag. Der Bau verzögerte sich etwas, da auf Anordnung der Beamten in Iburg zuvor
die Einwilligung der Markgenossen auf einem Hölting eingeholt werden sollte.
Die beiden ersten Lehrer, Vater und Sohn, hießen Kienker. Während von dem älteren K. berichtet wird, daß
er das Schulamt als Evangelischer "rühmlichst verwaltet" habe, im übrigen aber mit ganz geringen Kenntnissen
ausgerüstet gewesen sei, wird von dem Jüngeren bekannt, daß er gänzlich unfähig gewesen sei;
Rechnen habe er zum Beispiel "nicht gelernt". Auf Drängen der Gemeinde mußte er seinen Dienst bald wieder
aufgeben.
Er erhielt in dem Lehrer Hoppe einen Nachfolger, der eine hervorragende Zierde des Lehrerstandes war. Er stand der
Waldmarkschule von 1779 bis 1814, also 35 Jahre, vor und erhielt in seinem Sohn einen würdigen Nachfolger, der in
Astrup bis 1861 Lehrer war, also 47 Jahre.
Beide Hoppes übten auch ein Art seelsorgerische Tätigkeit in ihrer Gemeinde aus, begleiteten die Leichen mit
ihren Schulkindern, mussten aber an der Kirchhofsmauer dem katholischen Lehrer in Schledehausen die Führung der
Schulkinder überlassen, besuchten die Gemeindeglieder in Krankheitsfällen und sprachen ihnen in der Sterbestunde
Trost zu.
Über sämtliche Sterbefälle führten beide H. genau Buch und machten kirchenbuchähnliche Eintragungen,
die vielfach mit Hinweisen und Bemerkungen versehen sind.
Dies von 1787 bis 1861 reichende sehr wertvolle, 228 engbeschriebenen Seiten umfassende Buch überblickt also einen
Zeitraum von 75 Jahren; es ist noch leidlich erhalten und leserlich besonders für den, der mit den örtlichen
Verhältnissen vertraut ist. Es führt lückenlos mit genauen Angaben sämtliche in diesem Zeitraum im
Waldmarkschulbereich vorgekommenen Todesfälle und Beerdigungen auf.
Das besonders die Waldmärker im großem Markenbereich ööstlich von Schledehausen interessierende wertvolle
Dokument befindet sich auf dem Vollerbenhofe Lammert (Meyer-Marting) Nr. 8 in Astrup. Es hat den Weg auf diesen Hof gefunden,
weil die 1941 im 95. Lebensjahr verstorbene Witwe Minna Lammert, geb. Mönkehaus, eine Enkelin des älteren Hoppe war.
Die Familie Hoppe
Der erste Hoppe, der 1779 seinen Dienst antrat, stammte wohl aus Hoyel, Kreis Melle, wohin ihn sein 1799 verstorbener Freund,
Kolon Idemann aus Westrup; "oftermahlen" begleitete und dem Hoppe den Nachruf widmet: "ei, du frommer und getreuer Knecht."
Besondere Freundschaft verband H. auch mit den Familien Lammert, Meyer zu Ortbergen, Averbeck und Bettinghaus. Aber auch
nahe verwandtschaftliche Beziehungen bestanden mehrfach mit Gemeindegliedern; drei Töchter waren auf den Höfen
Siekeloh, Mönkehaus und Kemper verheiratet. Als Paten werden H. mehrfach aufgeführt. Wenn die Beerdigungen sich
häuften oder bei Erkrankung des Vaters, mussten die Söhne Christian und Wilhelm beim Vorsingen einspringen, oder
die Schulkinder gingen allein. Als Christian aus Averbecks Kotten eine Leiche begleitet hatte, finden wir eingetragen:
"Gott segne den Anfang (es war die erste des Chr.) und das Mitte und Ende!" Wenn eigene Angehörige verstorben waren,
bestehen die Anmerkungen in besonders liebvoll ausgewählten Sprüchen und Versen. Sehr oft lesen wir auch von durch
Erkrankung oder schlechter Witterung bedingten äußerst beschwerlichen Leichenfahrten. Als aus dem Waldkotten und
aus Wilkers Kotten zwei Beerdigungen an einem Tage stattgefunden hatten, finden wir eingetragen: "Das war für mich ein
Sauer Tag, weil viel Schnee lag".
Veränderte Zeiten
Unter den vielen verzeichneten Namen haben sich diejenigen der Kolonen als ziemlich beständig erwiesen. Nur vereinzelte
Höfen sind eingegangen oder haben den Namen gewechselt. Zu diesen gehören u. a. Heckert in Hiddinghausen, Rüsse,
Siek, Radenkamp, Niemann, Wefel und Lauheide in Grambergen, Mönkehaus in Astrup (später Pieper, jetzt Linkmeyer),
Volbert in Deitinghausen, Brand in Krevinghausen und Idemann in Westrup. Dagegen sind die Namen der zahlreichen Kotten- oder
Heuerleute zumeist der Vergessenheit anheimgefallen. Zu den wenigen bis vor kurzem noch überlieferten gehörten
Böß in Radenkamps, später in Bettinghaus' und Waldmanns Kotten.
Der Tod hielt reiche Ernte
Wenn wir nun den eigentlichen Zweck des Buches ins Auge fassen, so ist das Ergebnis ein überaus trauriges. Ich will es
ganz kurz zusammenfassen. Die Kindersterblichkeit ist erschreckend, diejenigen in den weiteren Lebensjahren sehr hoch. Und
wenn die Geburtenfreudigkeit damals nicht ausgeglichen hätte, dürften wir Gegenwärtigen wohl kaum uns des
Lebens erfreuen. 1814 berichtet H., daß im Kirchspiel Schledehausen in dem genannten Jahre 132 geboren, dagegen nur 72
gestorben sind. In den 75 Berichtsjahren gab es nur drei Gestorbene von 90 und mehr Jahren. Es sind diese: 1842 "der alte
Hagemann im Sieke", 90 Jahre alt; 1842 "die alte Dieckmannsche", 90 ½ Jahre alt, und 1821 "die alte Klaustermannsche", 96
Jahre alt.
Unter den 1524 mit genauem oder annähernd genauem Alter Verstorbenen befinden sich 642 Kinder unter 6 Jahren! Hier eine
Übersicht:
bis 6 Jahre | 6 - 14 | 15 - 30 | 31 - 40 | 41 - 50 | 51 - 60 | 61 - 70 | 71 - 80 | 81 - 90 | "alt" | "jung" |
642 | 92 | 118 | 71 | 66 | 113 | 148 | 137 | 23 | 92 | 22 |
Zur Zeit des älteren Hoppe betrug das Durchschnittslebensalter der Waldmärker rund 14 Jahre, zur Zeit des
jüngeren dagegen schon 24 Jahre. Ein wahrhaft erschütternde Bilanz!
Über die Ursachen, die zu diesem großen Sterben führten, sind wir uns heute klar. Die Beantwortung der Frage,
ob es besser auf der Welt geworden sei, fällt uns nach Einsichtnahme in diese Jahre nicht schwer.
Adolf Westerfeld, 1953
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